Der Gedankenanstoß von Arbeitsminister Martin Kocher, Sozialleistungen für freiwillige Teilzeit effizienter zu gestalten, hat dazu geführt, dass eine neue Debatte um eine Verkürzung der Arbeitszeit entbrannt ist. Diese gipfelte in der Forderung der SPÖ, eine 4-Tage-Woche mit 32 Wochenstunden einzuführen – bei vollem Lohnausgleich. Untermauert wurde die Forderung mit einer neuen Studie aus Großbritannien. Warum das Modell nicht alltagstauglich ist und welche enormen Auswirkungen eine Arbeitszeitverkürzung auf unser Gesundheitssystem hätte, haben wir für Sie zusammengefasst:
1. Die Arbeitskräfte fehlen, die Arbeit bleibt liegen
Schon heute leidet unsere Wirtschaft unter einem akuten Arbeitskräftemangel: 220.000 Arbeitnehmer fehlen am Arbeitsmarkt. In den nächsten Jahren geht die besonders geburtenstarke Generation der Babyboomer in Pension und die folgenden geburtenschwache Jahrgänge können die offenen Stellen nicht kompensieren. Weil Mitarbeiter fehlen, können Unternehmen und Organisationen Aufträge nicht annehmen, Gasthäuser müssen öfter schließen als bisher und Pflegeeinrichtungen stöhnen unter der Belastung. Durch das Modell der 4-Tage-Woche würden ca. 640 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr weniger geleistet werden und rund 200.000 zusätzlich unbesetzte Stellen wären die Folge. Denn wo derzeit vier Mitarbeiter mit 40 Stunden Arbeit verrichten, braucht es in Zukunft fünf Mitarbeiter mit 32 Stunden. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass in ganz Österreich auf einen Schlag 7.000 Polizisten auf unseren Straßen fehlen. Woher sollen die Mitarbeiter kommen? Darauf hat die SPÖ keine Antwort.
2. Unser Sozialsystem wird gefährdet
Pensionsversicherung, Unfallversicherung, Arbeitslosenversicherung – sie alle werden ermöglicht durch jene, die arbeiten und Steuern zahlen. Nur Arbeit ermöglicht Wohlstand für den einzelnen und den Sozialstaat für alle. Durch die nicht geleistete Arbeit würde Österreich eine Wertschöpfung von rund 20 Mrd. Euro entgehen und damit Steuern und Sozialversicherungsabgaben in der Höhe von rund 9 Mrd. Euro, sowie ein Rückgang des BIPs um bis zu 5,6 Prozent. Das ist mehr als das doppelte der ökosozialen Steuerreform für das Jahr 2023 und mehr als das Gesamtbudget für Standortmaßnahmen wie Forschung und Entwicklung, Mobilität oder Klimaschutz bis 2025.
3. Mehrbelastung für Mitarbeiter
Arbeit lässt sich nicht in noch weniger Stunden pressen. Besonders produzierende Unternehmen und die Industrie haben wenig Möglichkeiten, noch effizienter zu werden. Denn weniger Arbeitszeit bedeutet nicht automatisch mehr Produktivität, wie so oft behauptet. Wie soll etwa ein Koch, eine Pflegerin oder ein LKW-Fahrer produktiver werden, nur weil sie weniger Stunden arbeiten? Für Unternehmen steigen lediglich die Kosten, was zu höheren Preisen führt und die Inflation weiter anfeuert.
4. Schwindlige Studien mit falschen Rückschlüssen
Die britische Studie eines Pilotprojekts zur Vier-Tage-Woche war die Grundlage für das Modell der SPÖ. Die Annahme: Die Mitarbeiter sind ausgeruhter, motivierter – und fehlen seltener. Was verschwiegen wird: Sie ist nicht aussagekräftig, da alle Unternehmen freiwillig an der Studie teilgenommen haben und nicht zufällig ausgewählt wurden. Dadurch nahmen nur Firmen teil, die sich davon vorab positive Effekte erwartet haben. Die Studie lässt dadurch keine Schlüsse über andere Firmen zu.
Zusätzlich wurden die Firmen im Projekt ein paar Monate lang gecoacht, bevor der Pilotversuch startete und nicht für alle Teilnehmer verringerte sich die Arbeitszeit tatsächlich: 15 Prozent gaben an, während des Versuchszeitraums sogar mehr gearbeitet zu haben, also auch am vermeintlich freien Tag. Einige Firmen gaben an, die reduzierte Arbeitswoche nur unter Bedingungen durchzuführen und kürzen manchen Angestellten Urlaubstage oder Mitarbeiter mussten kurzfristig doch in die Arbeit beordert werden. Es gab auch das Konzept der „bedingten“ Viertagewoche, eine Reduzierung der Stunden nur dann, wenn die Leistungsziele erreicht wurden.
Vielen Unternehmen in der Studie war es nicht möglich, die Stundenanzahl um acht Wochenstunden zu reduzieren, deshalb lag die durchschnittliche Arbeitszeit bei 34 Stunden pro Woche. Dazu kommt, dass nur sehr wenige Unternehmen aus dem produzierenden Bereich kamen und die Produktivität der Unternehmen nicht gemessen wurde, sondern nur der Umsatz zur Vorperiode.
Zusammenfassend ist die britische Studie zur 4-Tage-Woche nicht repräsentativ für eine gesamte Volkswirtschaft und ist für viele Branchen nicht umzusetzen. Die Reduktion von 40 Wochenstunden auf 32 Wochenstunde hätte damit erhebliche negative Auswirkungen auf alle Bereiche unserer Gesellschaft, die Umsetzung wäre der Todesstoß für unseren Sozialstaat und unseren Wohlstand.
Letzten Endes muss die Politik statt einer Arbeitszeitverkürzung die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Arbeit lohnt. Wollen wir unseren Wohlstand und unsere Gesellschaft erhalten, müssen wir alle dafür sorgen, dass gearbeitet wird und die Arbeit wertgeschätzt wird. Daran darf sich auch in Zukunft nichts ändern.